Statement Prof. Dr. Michael Walter, Dresden - Präsident der DGZMK
- Es gilt das gesprochene Wort. -
DGZMK liefert wissenschaftliche Bestandsaufnahme zur oralen Gesundheit bei Flüchtlingen
10. November 2017 - Frankfurt a. M. Die multizentrische Studie "Flüchtlinge in Deutschland - Mundgesundheit, Versorgungsbedarfe und deren Kosten" unter Federführung der Universitätsmedizin Greifswald und Leitung durch Prof. Christian Splieth liefert eine wissenschaftliche zahnmedizinische Bestandsaufnahme. Sie zeigt klare Versorgungsbedarfe in wesentlichen zahnmedizinischen Disziplinen wie Zahnerhaltung, Parodontologie oder Kieferorthopädie und beziffert mögliche Kosten. Die Studie weist einen durchschnittlichen Mundgesundheitszustand für die Flüchtlinge aus, der dem der deutschen Bevölkerung vor 30 Jahren entspricht.
Anlass für die von Ende 2016 bis Mitte 2017 durchgeführte Studie war der erhöhte Flüchtlingszustrom nach Deutschland. Die meisten der Flüchtlinge kommen aus Ländern mit einer eher erhöhten oralen Morbidität und benötigen daher oft eine akute Schmerzbehandlung, die ihnen nach §4 AsylBLG auch zusteht. Die Organisation der Akutversorgung stieß aber auf praktische Probleme und die reine Schmerzbehandlung erwies sich oft nicht als zielführend, da insbesondere primär- und sekundärpräventive Maßnahmen für die orale Gesundheit von Flüchtlingen dauerhaft wichtig wären.
Mit den Deutschen Mundgesundheitsstudien, zuletzt mit der 2016 veröffentlichten DMS V, kann die Deutsche Zahnärzteschaft auf beispielhaft umfangreiche Daten zur Mundgesundheit zurückgreifen. Wegen der hohen Zahl der nun hinzugekommenen Menschen war es folgerichtig, auch diese Bevölkerungsgruppe näher zu betrachten. Ziel dabei war es, eine genauere Kenntnis über den oralen Gesundheitsstatus und die Behandlungsbedarfe der Flüchtlinge zu erlangen, um bessere präventive und therapeutische Strategien entwickeln zu können. Daher sah das Projekt "Flüchtlinge in Deutschland - Mundgesundheit, Versorgungsbedarfe und deren Kosten" eine umfassende zahnmedizinische Untersuchung bei Flüchtlingen aller verfügbaren Altersgruppen vor.
Ein Blick in die Ergebnisse zeigt, dass die Bedarfe und potenzielle Behandlungskosten nach Altersgruppen stark differieren. Bei den potenziellen Kosten muss allerdings unbedingt berücksichtigt werden, dass die Schätzungen auf einem normativen medizinischen Bedarf beruhen. In der Realität wir dieser Bedarf erfahrungsgemäß nicht einmal annähernd in Nachfrage umgesetzt. Die zu erwartenden tatsächlichen Kosten dürften daher deutlich niedriger sein. Die Studie bietet auch Lösungswege, wie der Mundgesundheitslevel der Flüchtlinge in Deutschland mit zum Teil relativ einfachen Mitteln verbessert werden könnte: Präventions- und Prophylaxe-Konzepte bestehen bereits und haben hierzulande sehr zum international guten Mundgesundheitszustand der Bevölkerung beigetragen. Sie sollten auch für die Flüchtlinge nutzbar gemacht werden. Unsere Studie stellt dabei nur einen ersten, aber wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar.