Festakt - Christentum als erste Globalisierungsbewegung der Welt

Bei der feierlichen Eröffnung des Deutschen Zahnärztetages konnte Festrednerin Margot Käßmann rhetorisch glänzen

Frankfurt a.M. - Es war eine phasenweise fesselnde Rede, die Prof. Dr. Margot Käßmann zum Thema „Gemeinsame Werte“ auf der feierlichen Eröffnung des Deutschen Zahnärztetages in Frankfurt a.M. hielt und die eine durchweg positive Resonanz fand. Sie nahm dabei mehrfach auf Stellen in der Bibel Bezug und ordnete das Christentum als erste Globalisierungsbewegung der Welt ein. Käßmann verwies dabei auch auf eine „Ethik der Grenzen“ und bezog dies auf den Glauben an die Allmacht des Staates: „Der Staat wird nicht alles leisten können, wir brauchen die Zivilgesellschaft.“ Dies konnte als ein Appell für die Freiberuflichkeit gedeutet werden. Aus der Seele gesprochen haben dürfte die energische Pastorin vielen der Gäste mit ihrem Schlusszitat aus dem Buch Jesus Sirach: „Ehre den Arzt mit gebührender Verehrung, damit du ihn hast, wenn du ihn brauchst.“

Einen deutlichen Appell an die angemessene Ausstattung der zahnmedizinischen Hochschulstandorte, sowohl was das Verabschieden des Entwurfs für die Approbationsordnung Zahnmedizin (AOZ) durch die Kultusministerkonferenz, als auch was die finanzielle Ausstattung speziell im Bereich der Forschung angeht, hielt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Prof. Dr. Dr. Henning Schliephake, in seiner Begrüßungsrede. Parallel konnte er auf einen dynamischen Entstehungsprozess der wissenschaftlichen ZMK in Sachen Nationaler kompetenzbasierter Lernzielkatalog Zahnmedizin (NKLZ) durch den zuständigen Arbeitskreis unter Leitung von Prof. Hahn und Prof. Wenz verweisen.

„Im laufenden Jahr hat sich deutlich gezeigt, dass die Hochschulmedizin durch das Anfang 2011 in Kraft getretene Krankenhausentgeltgesetz chronisch unterfinanziert ist, so dass der Anteil der defizitären Universitätsklinika innerhalb eines Jahres auf 37% gestiegen ist“, erklärte Prof. Schliephake. „Es liegt nahe, dass in einer solchen Situation der Landeszuführungsbetrag, den die medizinischen Fakultäten bekommen, unter hohem Druck steht und die Versuchung einer Kürzung der Mittel für Forschung und Lehre ist groß.“ Deshalb müsse man im Streit um solche Gelder künftig mit der Medizin an einem Strang ziehen. Er verwies darüber hinaus auf den hohen Finanzbedarf, den unabhängige, nicht gesponserte Studien auf methodisch internationalem Qualitätsstandard haben. “Das hierfür nötige Geld steht den Hochschulen so nicht zur Verfügung. Und es ist eine Illusion zu glauben, dass alle Fragen, die von Patienteninteresse sind, wissenschaftlich unabhängig allein durch kompetitive begutachtete Drittmittel beantwortet werden können. Wenn hier Abhilfe geschaffen werden soll, muss über zusätzliche Finanzierungsformen der Hochschulforschung auch in der Zahnmedizin nachgedacht werden“, forderte Prof. Schliephake.

Mit dem Luther-Zitat vom Wormser Reichtag - „Hier stehe ich und kann nicht anders“ - verteidigte der Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Dr. Jürgen Fedderwitz, die Freiberuflichkeit als Grundstein des zahnärztlichen Wirkens. Fedderwitz verwies auf die von der KZBV-Vertreterversammlung verabschiedete „Agenda Mundgesundheit“, mit der der Dialog mit der Politik gesucht werden solle. „Wir wollen die Zähne unserer Patienten bis ins hohe Alter gesund erhalten“, erläuterte Fedderwitz und verwies auf eine neue Kariesgefährdung bei Kindern aus niederem Bildungsniveau. Angesichts der dentalen Volkskrankheit Parodontitis habe man deren Prävention verstärkt im Blick. Eine gesellschaftliche Aufgabe sei außerdem die Betreuung von älteren Bürgern und solchen mit Behinderungen. Die Politik müsse hier für eine effizientere Betreuung sorgen, Lösungen durch den Berufsstand sollten aber auch gemeinsam mit den Krankenkassen entwickelt werden.

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Dr. Peter Engel, sprach sich in seiner Rede gegen eine Bevormundung des Berufsstandes durch die Krankenkassen aus und appellierte an diese, ihre Gewinnüberschüsse in Höhe von 30 Mrd. Euro an die Versicherten zurück zu zahlen. Darüber hinaus sprach Engel sich für den Erhalt des dualen Versicherungssystems aus, das wissenschaftlichen Fortschritt in den Praxen erst ermögliche. Dies müsse zwar reformiert werden. Es dürfe aber statt dessen keine staatliche Bevormundungsmedizin in Gestalt von Bürger- oder Einheitsversicherung geben.