Begrüßung und Eröffnung des Deutschen Zahnärztetages 2014

06.11.2014

Rede der Präsidentin der DGZMK zur Eröffnung des DTZT 2014 in Frankfurt Paulskirche, Donnerstag 06.11.2014

Sehr geehrte Ehrengäste, sehr geehrter Herr Prof. Buß, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Mundgesundheit und Prävention im Rahmen der Qualitäts- und Imagedebatte möchte ich meinen Beitrag für heute Abend titeln.

Erst im September konnten wir in den Ihnen allen bekannten Zahnärztlichen Mitteilungen unter der Rubrik Gesellschaft eine Literaturrecherche zum Image des Zahnarztes lesen. Und bis dahin waren wir als Berufsstand immerhin so interessant, dass wir es in die Welt am Sonntag, in den Spiegel und viele andere Wochen- bzw. Tageszeitungen geschafft haben. Weshalb?

Weil wir mit diesen paar Zähnen aus ganzheitlicher Sicht immer noch so gut leben können und damit auch nicht flächendeckend hanseatisch umgehen, sondern.......

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Vertreterin der Wissenschaft könnte ich mich auch schon heute Abend entspannt zurück lehnen und prospektiv stolz sein auf das schöne Programm, dass wir Ihnen gemeinsam mit allen Fachgesellschaften morgen und übermorgen anbieten. Insbesondere, weil das Thema ins Schwarze des medizinischen Zeitgeistes trifft: Präventionsorientierte Therapiekonzepte und dann auch noch individualisiert - einfühlsamer und zielorientierter geht es nicht!

Wenn da nicht unser Imageproblem wäre, das ich seit meinem Amtsantritt vor ziemlich genau einem Jahr in keinem Editorial, Interview und Grußwort ausgelassen habe. Weshalb? Weil ich es nicht ertragen kann, wie diametral sich Präventions- und Therapieangebote auf der wissenschaftlich-klinischen Seite und unser Image auf der gefühlten und gerne gedruckten Seite entwickeln und bereits entwickelt haben. Noch nie waren wir so in die Medizin integriert wie heute, wozu ich nur ein paar Stichworte nenne, damit Sie mich begleiten können in meinen Gedanken: Diabetes, KHK, Stroke und Parodontitis.

Und noch nie haben wir so interdisziplinär und individualisiert wie heute getickt, diagnostiziert und therapiert. Und nicht nur in den Praxen und in den Kliniken.

Der sogenannte NKLZ, der nationale kompetenzbasierte Lernzielkatalog Zahnmedizin, ist eine Koproduktion aller Fachgesellschaften und somit aller zahnmedizinischen Disziplinen par excellence. Über zwei Jahre haben zu seiner Fertigstellung zahlreiche Wissenschaftler, Kliniker und Dozenten gerungen, um einen Inhaltskatalog für die zukünftige Ausbildung zu gestalten. Zurzeit wird er von allen Fachgesellschaften konsentiert, um dann im nächsten Jahr nach Verabschiedung der neuen AOZ für die zukünftige Lehre allen zur Verfügung zu stehen. Diese Aktion spricht Bände, was unseren Berufsstand an den Universitäten, aber auch in den standespolitischen Gremien betrifft und kann gar nicht genug kommuniziert werden. Wen interessiert das? Uns alle, denn die zukünftigen Studierenden werden auf der Basis dieses Kataloges ausgebildet werden und dieser lässt nichts aus, was schon lange fehlt im heutigen bio-psycho-sozialen Krankheitsverständnis: auch nicht die Themen Ethik, Prävention und Gesundheitsförderung, orale Medizin und systemische sowie medizinisch-wissenschaftliche Aspekte.

Heißt als Zwischenbilanz: auf der Seite Ausbildung sind wir für die zukünftige Versorgung unserer Patientinnen und Patienten bestens aufgestellt und zwar im Sinne der Zahnmedizin 2014 und folgende, wie Sie sie in den nächsten zwei Tagen präsentiert bekommen von den Wissenschaftlern, aber auch von der Industrie, die als unser Partner ihren Beitrag zur Umsetzung der therapeutischen Möglichkeiten liefert - sowohl als Dienstleister, als auch als Anbieter von Hardware für Diagnostik und/oder Therapie.

Nach Ausbildung kommt Fortbildung: hier ist das Angebot überwältigend, der Markt präsentiert sich auch hier von aggressiv über angemessen bis zurückhaltend. Und am Ende des Tages zählt die Qualität im Darwinschen Sinne.

Ich greife nun wieder einmal meinen roten Faden auf. Wieso haben wir bei so viel Engagement und Qualität schon in Lehre und Fortbildung ein Imageproblem, das für mich persönlich im Buchtitel "Murks im Mund" gipfelt? Da bot sich wieder o.g. Artikel als Quelle für eine angemessene Antwort an:

· Werbung für die eigene zahnärztliche Dienstleistung
· gekrönt durch die Angabe der eigenen Erlöse in Zeitschriften
· sowie die Förderung einer Kultur der Oberflächlichkeit bei Anbietern von rein ästhetischen Eingriffen.

Hierzu ein Zitat von Giovanni Maio aus 2009: "Der Zahnarzt würde demnach eine Dienstleistung an Individuen innerhalb einer Konsumgesellschaft durchführen, anstelle einer Behandlung am Patienten innerhalb eines Gesundheitswesens.".

In erster Linie schadet aber der Missbrauch des Patientenvertrauens dem Image der Zahnmedizin: im Sinne von unrealistisch hohen Erwartungen durch übertriebene Versprechungen. Auch zu viel seelsorgerisches Engagement scheint uns nicht gut zu tun und zahlungsschwache Patienten durch überhöhte Honorare auszuschließen, nährt die Petrischale zeitgenössischer Demagogen: auch hierzu ein paar Stichworte "das Milliardending im Rotlichtbezirk der Zahnmedizin" oder "Goldesel herausnehmbare Apparaturen". Beide Beispiele aus meinem Fachgebiet der Kieferorthopädie, das in diesen Monaten auf der Imagekillerliste steht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Mitglied der FDI, der World Dental Federation, gilt auch für uns die professionelle und ethische Regel: dass der Zahnarzt die Mundgesundheit seiner Patienten fördern soll, unabhängig vom individuellen Status des Patienten. Weitere Ansprüche an uns sind danach die berufliche Schweigepflicht, die Fortbildung zur Verbesserung unserer professionellen Fähigkeit und unseres Wissens und der Respekt gegenüber Kollegen und Mitarbeitern und letztendlich ein dem Zahnarzt-Beruf adäquates Verhalten.

Könnte sein, dass Sie sich jetzt fragen, weshalb ich so weit aushole wegen ein paar schwarzer oder vielleicht auch nur grauer Schafe. Okay, vermutlich ist meine Botschaft bereits angekommen: wir haben es nötig gegenzusteuern. Nicht, weil die bad boys und girls so viele sind, sondern weil sie von sich aus so publikumswirksam sind und weil die Presse auf diese Geschichten angewiesen ist. Und ich fühle mich verantwortlich für unseren "guten Ruf", zumindest möchte ich nicht versäumen alle Mitverantwortlichen hier im Saal und auch diejenigen, die heute nicht dabei sein können, zu sensibilisieren. Jeder einzelne Zahnarzt hat es täglich in der Hand, im wahrsten Sinne des Wortes, unser und sein Image zu pflegen: durch gute Arbeit, mit ZMK 2014 und durch professionelles Verhalten.

Hierzu hat der Hamburger Prodekan für Lehre - von Hause aus Biochemiker - die Studierenden im Erstsemester vor vier Wochen gefragt, was sie denn als wichtige Eigenschaften mitbringen bzw. definieren für das Studium und er hat den Studierenden eine Minute Zeit gelassen sich mit ihrem Nachbarn kurzzuschließen. Das Ergebnis, das dann an der Tafel stand lautete: Begeisterungsfähigkeit, Leidenschaft, Disziplin, Fleiss, Geduld/Durchhaltevermögen, Belastbarkeit und Verantwortung.

Meine Damen und Herren, diese Antworten haben mich begeistert und ich wusste in diesem Moment, dass ich sie hier zitieren werde. Weshalb?

Weil sie für mich sachlich und emotional für die Profession - für unsere Profession - für einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft unseres Berufsstandes stehen. Nicht wir fordern Begeisterungsfähigkeit und Verantwortung, sondern die Studierenden bringen sie mit im Gepäck fürs Studium und darüber können wir mehr als erfreut sein. Und uns unserer Aufgabe begeistert und verantwortungsbewusst zuwenden, hoffentlich bald auf Basis einer neuen AOZ und an Hand des NKLZ diese Studierenden zu wissenschaftlich aufgeschlossenen oder sogar interessierten fort- und weiterbildungsfähigen Zahnärztinnen und Zahnärzten auszubilden.

Meine Damen und Herren, sicherlich haben Sie in meinen Ausführungen das inzwischen fast magisch gewordene Wort Qualität im klassischen Sinne und Kontext vermisst, ich möchte keinen Punktabzug, hier ist es also. Quasi im Sinne von klinische Relevanz und Ausblick bei meinem Beitrag zur Eröffnung unseres DZÄT hier in der Paulskirche ging es ausschließlich um Qualität im Fach Zahnmedizin. Mit allem, was ich heute Abend hier mit Ihnen besprochen habe, liefern wir einen relevanten Beitrag zur Qualität in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde: mit der modernen Ausbildung, mit der Pflicht- und Kürfortbildung und mit der Weiterbildung, aber auch insbesondere mit Leitlinien, mit Patienteninformationen und natürlich, da schließt sich der Kreis, mit diesem DZÄT zu dem wir alle zusammen kommen, Standespolitik und Wissenschaft, um die Zahnmedizin auf den Prüfstand zu stellen, Details zu bestätigen oder auch zu verwerfen und somit den aktuellsten Stand der Wissenschaft mit allen, die dabei sein wollen, zu teilen. Stichwort Qualitätsoptimierung.

Und nachdem ich das jetzt alles so schön zusammengetragen habe, erlaube ich mir an dieser Stelle auch von hier oben herab zu beantworten, wie gewappnet die Zahnärzteschaft für die Qualitätsdebatte ist. Bestens. Aber geht es denn wirklich um Debatte? Ich denke nein, es geht um Qualität leben, täglich im ersten Patientengespräch, in den diagnostischen Maßnahmen, in der Darstellung der Therapieoptionen und am Ende natürlich in der Therapie selbst, die Zahnarzt und Patient gemeinsam ausgesucht haben sollten und die auch erst beim erfolgreichen Recall endet.

Und alle die, die morgen und übermorgen hierzu Aktualisierungs- oder Auffrischungsbedarf haben, die werden wir mit unserem wissenschaftlichen Angebot nicht enttäuschen. Denn wir werden erstmals alles, was wir therapeutisch im Portfolio haben individualisiert und unter dem Aspekt Prävention unter die Lupe nehmen.

Und wenn wir dann am Ende, Samstagnachmittag wissen, wie viel Prävention in welcher Therapie ist, dann haben wir uns der Qualitätsdebatte gestellt, denn ich gebe gerne zu, für die Patienten ist es nicht immer einfach ihren besten ZAHNARZT zu finden.

Am Ende meiner Worte habe ich ja nun schon fast übergeleitet zu meinen Mitspielern im, ich nenne das jetzt einmal Qualitäts- und Imagespiel. Wir, die BZÄK, die DGZMK und die KZBV sind seit geraumer Zeit dabei ein Leitbild für uns alle und für die Zukunft unseres Faches und Berufs zu verfassen. Dieses hat nun schon einige Runden durchlaufen und wir gehen heute einmal davon aus, dass es am Ende eine Betaversion 2014 geben wird.

Wozu? Damit wir alle etwas in der Hand haben, um unserem komplexen Qualitätsanspruch der Zahnärzteschaft sowie der Patienten im Sinne der wissenschaftlichen Zahnmedizin in Praxis und Klinik gerecht zu werden. Abschließend zitiere ich daraus den ersten Satz zur Professionsentwicklung: "Grundlage für die Weiterentwicklung der Profession auf medizinisch-fachlicher Ebene ist ein klares Bekenntnis zu wissenschaftlich fundierten Behandlungsmaximen." und gebe mit diesem weiter an Herrn Kollegen Eßer.

Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

 

Prof. Dr. Bärbel Kahl-Nieke

 

Pressekontakt

Markus Brakel
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