Ablauf einer Leitlinien-Erstellung

Leitlinien (LL) sind systematisch entwickelte Aussagen, die den gegenwärtigen Erkenntnisstand zu einer Fragestellung wiedergeben und der Entscheidungsfindung von Behandelnden sowie Behandlungsbedürftigen sowie Personen des Gesundheitswesens dienen.

Leitlinien  werden zu sehr unterschiedlichen Themen erstellt. Der Vorschlag für das Thema einer Leitlinie kommt in der Regel aus den zahnärztlichen Fachgesellschaften.

Dabei handelt es sich meist um Fragen, die an die Fachgesellschaften herangetragen werden und zu denen klare Handlungsanweisungen auf fundierter wissenschaftlicher Basis benötigt werden. Die eine Leitlinie initiierenden Fachgesellschaften sind die „federführenden“ Fachgesellschaften.

Ist das Thema der zukünftigen Leitlinie festgelegt, wird ein Koordinationsteam zusammengestellt, welches für das jeweilige Thema den fachlichen Kontext überschaut. Es handelt sich dabei um ausgewiesene Experten für das jeweilige Thema.

Jede zahnärztliche/ärztliche medizinische Fachgesellschaft kann grundsätzlich an einer Leitlinie mitarbeiten. Nach Themenfestlegung und Bestellung der Koordinierenden erfolgt daher eine Umfrage bei den Fachgesellschaften, ob Interesse an einer Mitarbeit besteht. Sofern das Thema für diese relevant ist, werden ebenso medizinische Fachgesellschaften angefragt.

Interessierte Fachgesellschaften benennen einen Mandatsträger, der die entsprechende Fachgesellschaft in der LL-Gruppe vertritt. Ebenso kann ein Stellvertreter benannt werden.

Über das LL-Büro der DGZMK wird die geplante LL bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) angemeldet und die Anmeldung erscheint im Register der AWMF.

Die LL-Gruppe hat danach maximal 5 Jahre Zeit die LL zu erstellen.

Der erste Schritt ist die konstituierende Sitzung der LL-Gruppe. Dabei werden die zu bearbeitende Fragestellung, die Zielgruppe der LL und deren geplanter Geltungsbereich, sowie die Klassifikation der LL (S1, S2k, S2e, S3) nochmals von der LL-Gruppe besprochen. Weiterhin werden die Mitglieder der LL-Gruppe bereits zu diesem Zeitpunkt gebeten, die Interessenerklärungen abzugeben. Die LL-Gruppe legt fest, welche Konsequenzen mögliche Interessenkonflikte für die einzelnen Mitglieder der LL-Gruppe haben können. Als Orientierung gilt dabei das Regelwerk der AWMF im Abschnitt: „Erklärung von Interessen und zum Umgang mit Interessenerklärungen“ (https://www.awmf.org/regelwerk/erklaerung-von-interessen-und-umgang-mit-interessenkonflikten).

Im zweiten Schritt wird die Literaturrecherche durch das Koordinationsteam und/oder die Autoren durchgeführt, die gefundene Literatur ausgewertet und diese zur Beantwortung der Fragen herangezogen (Evidenzbewertung).

Vom Koordinationsteam oder den federführenden Autoren wird ein Text erstellt, der zum einen ausführlich den aktuellen wissenschaftlichen Stand zum Thema darstellt (Hintergrundtext) als auch konkrete Handlungsempfehlungen enthält, bei denen sichtbar gemacht wird, ob es sich um eine Expertenmeinung (konsensbasiert), oder um eine Handlungsempfehlung basierend auf wissenschaftlichen Studien (evidenzbasiert) handelt. Bei einer S2e- oder einer S3-LL müssen mindestens 50% der Handlungsempfehlungen evidenzbasiert sein.

Die Empfehlungen werden in einer moderierten Konsensuskonferenz diskutiert und abgestimmt. Die teilnehmenden Mandatsträger bringen dabei ihr Fachwissen und die Standpunkte der einzelnen Fachgesellschaften ein. Die Moderation erfolgt neutral durch AWMF zertifizierte Leitlinienberater.

Die abgestimmten Empfehlungen und der Hintergrundtext werden im Anschluss in der endgültigen Fassung zusammengestellt. Weiterhin wird ein LL-Report erstellt, der die Methodik der LL beschreibt und bei S2e- und S3-LL die Darstellung der Evidenz beinhaltet. Die Erstellung einer Patientenleitlinie wird angestrebt.

Die fertigen Dokumente durchlaufen drei Zustimmungsrunden: die Zustimmung der Mandatstragenden, die Zustimmung der Vorstände der beteiligten Fachgesellschaften und als letzte Runde die Zustimmung der Vorstände der federführenden Fachgesellschaften.

Die Dokumente werden anschließend im Register der AWMF und auf der Homepage der DGZMK eingestellt, beteiligte Fachgesellschaften veröffentlichen die LL auf den respektiven Homepages; die LL sind 5 Jahre gültig.

Nach diesem Zeitraum ist eine Aktualisierung (Sichtung und Überarbeitung) erforderlich, da die LL ansonsten aus dem Register der AWMF gelöscht wird.

Der Ablauf der Aktualisierung entspricht dem Ablauf der LL-Erstellung.

 

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