Begrüßungsrede der Präsidentin der DGZMK zum Festakt anlässlich des Deutschen Zahnärztetages 2016
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte, liebe Ehrengäste, sehr geehrter Festredner Herr Müller,
da war doch etwas letztes Jahr beim Festakt im Atlantik in Hamburg zur Eröffnung und auch so in aller Munde: Leitbild hieß und heißt das, was ich meine. Nun existiert es, aber ich habe so den Eindruck, so richtig zur Kenntnis genommen oder gar sich daran orientiert oder damit gearbeitet hat nicht wirklich jemand. Wenn doch, sorry, dann habe ich das übersehen oder überhört. Bevor ich mich nun morgen aus meinem Amt zurückziehe, möchte ich diese Minuten nutzen, um es erneut mit Leben zu füllen. Beziehungsweise darüber zu sprechen, in wie fern es lebt, unser Leitbild.
Ganz praktisch wird es gelebt auf Homepages von Zahnärzten mit Schlüsselworten wie Freiberuflichkeit, Weiterentwicklung des freien Berufs, Qualität, Ausbildung, Fort- und Weiterbildung, Selbstverwaltung und Eigenverantwortung. Ein ganz wesentliches Anliegen scheint hier darin zu liegen, die Freiheit und Verantwortung der Freiberuflichkeit zu kommunizieren und damit Vertrauen zu schaffen.
Im zweiten Kapitel unseres gemeinsamen Leitbildes geht es insbesondere um die wissenschaftlich fundierten Behandlungsmaximen, zu denen wir uns klar bekennen und deren Umsetzung wir auf Basis ethischer Grundsätze anstreben. Hierzu werde ich exemplarisch in die Tiefe gehen.
„Klare Zielorientierungen (Mundgesundheitsziele) und die ständige Evaluierung der Ergebnisse sind ein wichtiger Beleg für die Fortentwicklung des freien Berufes des Zahnarztes. DMS V und Millerpreis habe ich hierfür einmal herausgefiltert.
Die Ergebnisse der fünften Mundgesundheitsstudie belegen das erfolgreiche Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis und geben der wissenschaftlichen Zahnmedizin in Deutschland Auftrieb und Bestätigung. Die Rückgänge, vor allem bei den parodontalen und kariösen Erkrankungen, zeugen von sehr guter wissenschaftlicher Arbeit und gleichermaßen von der Umsetzung der Forschungsergebnisse in den Praxen, wie man es sich nur wünschen kann. Das politische Gewicht dieser Daten und ihrer Konsequenzen ist für Wissenschaft und Standespolitik außerordentlich wertvoll.
An dieser Stelle, wo wir ja nun heute Abend schon in der Hauptstadt sind, empfinde ich es als Pflicht im Hinblick auf die Korrelationen zwischen Mundgesundheit und Gesundheitszustand des Gesamtorganismus, Sie wissen schon Paro und Diabetes, KHK und Stroke, eine Stärkung des Wissenschaftsstandortes Deutschland hinsichtlich personeller und monetärer Ausstattung der zahnmedizinischen Forschungsstätten und Universitäten zu fordern.
Erfreulicherweise geht nun das Thema des diesjährigen Millerpreises, den ich die Freude hatte in der letzten Woche während des Kongresses des Deutschen Zahnärztetages an Frau Kollegin PD Amelie Bäumer zu überreichen, in die gleiche Richtung. Dieser wichtigste Wissenschaftspreis der Zahnmedizin in Deutschland wurde vergeben für eine Langzeitstudie zur parodontalen Stabilität 10 Jahre nach aktiver Parodontitistherapie bei Patienten mit aggressiver Parodontitis.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, beide aktuellen Beispiele dienen nicht nur dem Ausbildungsziel, der Verankerung einer medizinisch-wissenschaftlichen Denk- und Handlungsweise, deren oberstes Ziel die wissenschaftlich fundierte, an der bestmöglichen Evidenz ausgerichtete, ethisch reflektierte und empathische Behand-lung zahnmedizinischer Krankheitsbilder ist, sondern liefern für jeden von uns generationsübergreifend Bestätigung des täglichen Handelns, kritische Reflexion und neue Impulse für nachhaltige Qualitätsoptimierung. Im Absatz Qualität, heißt es: „Die Qualitätsförderung ist eine kontinuierliche innerprofessionelle und dem Gemeinwohl verpflichtete Aufgabe der Zahnärzteschaft.“. Und weiter: „Als freier Beruf konzipiert und fördert die Zahnärzteschaft eigenständig Konzepte zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen Versorgung.“
Wie sieht hierzu die Realität aus? In Berlin bei KZBV und Bundeszahnärztekammer wird Qualität genauso hoch aufgehängt wie in Düsseldorf und Frankfurt bei der DGZMK und beim Deutschen Zahnärztetag, dem Kongressteil. Das haben wir in diesem Jahr wunderbar zusammengeführt mit der Thematik „Klinische Behandlungspfade – Ziele, Etappen, Stolpersteine“.
Soviel zur Sicherung und Förderung von Qualität als Kernaufgabe des gesamten Berufsstandes, wie auch des einzelnen Zahnarztes. So wird die Qualität der Leistungserbringung durch hohe Anforderungen an Aus-, Fort- und Weiterbildung des Zahnarztes und durch ein System der kollegialen Selbstkontrolle sichergestellt. Über allem steht hierbei die präventive Ausrichtung als Kernbeitrag des zahnmedizinischen Handelns zur Quali-tätsförderung mit dem Ziel des Erhaltes bzw. der Verbesserung der Mundgesundheit von der Geburt an bis ins hohe Alter. Denn diese trägt unmittelbar zur Verbesserung der Allgemeingesundheit und damit Lebensqualität bei.
Wo stehen wir mit der Ausbildung von unseren theoretisch, wissenschaftlich und praktisch ausgebildeten Zahnärztinnen und Zahnärzten, die zur eigenverantwortlichen und selbstständigen Ausübung der Zahnheilkunde befähigt werden sollen?
Meine Damen und Herren, wir sind hier in Berlin. Gut so. Hier ist der direkte Weg zur Übermittlung von good news: vor drei Wochen hat uns das BMG den Referentenentwurf der zahnärztlichen Approbationsordnung zugesandt. Was bedeutet, ich zitiere noch einmal aus dem Leitbild: „das biopsychosoziale Krankheitsverständnis mit verstärkter medizinischer Orientierung, das nach einem einheitlichen, transparenten, strukturierten und an den Herausforderungen orientierten Ausbildungskatalog mit einheitlichen Lernzielen umgesetzt werden soll“ könnte doch zeitnaher Realität werden, als wir zwischenzeitlich erwartet haben, sofern angepasste Budgets an den universitären Standorten eine Implementierung der neuen AOZ erlauben.
Und nun sind wir schon bei der Selbstverwaltung als Ausdruck funktionierender Eigenverantwortung. Hierzu heißt es: „Die Selbstverwaltung freier Berufe und im speziellen der Ärzte und Zahnärzte ist Ausdruck historisch gewachsener Strukturen, in denen die Berufsgruppen aufgrund ihrer speziellen Sachkenntnis und zur Entlastung des Staates dezentral und mit gesetzlich übertragenen Kompetenzen öffentliche Angelegenheiten wahrnehmen.“ Und noch ein Satz „Dabei lässt sich der Zahnarzt von seinem Berufsethos leiten, der moralische Standards für die freiberufliche Berufsausübung umfasst. Dies unterscheidet ihn wesentlich von rein kommerziellen und gewerblichen Dienstleistern.“
Meine Damen und Herren, dieses Thema steht hier nicht am Ende einer Prioritätenliste, ganz im Gegenteil. Die Aufrechterhaltung der Selbstverwaltung als Ausdruck funktionierender Eigenverantwortung ist Voraussetzung für all das, was ich eben reflektiert habe. Dass diese Thematik momentan Herrn Eßer und Herrn Engel umfassend beschäftigt, das wissen Sie alle. Und daher werden beide hier nun nahtlos anschließen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit